150 Schüler beim Titanen

von Rupprecht Andreas

Am frühen Morgen versammelten sich 150 Sechstklässlerinnen und Sechstklässler sowie alle Musiklehrer der F. X. v. Schönwerth – Realschule inklusive Konrektor Andreas Rupprecht erwartungsfroh am Amberger Bahnhof. Da die Deutsche Bahn keine Reservierung von unserer Seite akzeptiert hatte, war die erste Herausforderung: Würden wir alle in den 7.55 Uhr - Zug nach Nürnberg passen? Es gelang! Zwar hatten nicht alle einen der begehrten Sitzplätze ergattert, aber die versammelte Mannschaft gelangte pünktlich in die Frankenmetropole, um nach einem 10minütigen Spaziergang das altehrwürdige Opernhaus zunächst von außen zu bestaunen. Nach letzten Instruktionen seitens der Lehrkräfte ging es in den von Kronleuchtern erhellten festlichen Innenraum, wo nun alle auf einem mit rotem Samt bezogenen Stuhl Platz nehmen durften. Die Nürnberger Staatsphilharmonie stimmte sich bereits auf „Kammerton a´“ ein. Als der Dirigent die Bühne betreten und die Hände zum Einsatz erhoben hatte, blieb es weiterhin bei „Kammerton a´“! Nanu? Zur Erklärung: Gustav Mahler verwendet dieses Umspielen des „a´“ tatsächlich als langsame Einleitung zu seinem ersten Satz „Langsam, schleppend“. Theaterpädagoge Philipp Roosz – selbst ausgebildeter Musiklehrer und Sänger – hatte inzwischen die Moderation übernommen und erläuterte den jungen Zuhörern altersgerecht Gustav Mahlers Ideenwelt. Daher auch der Titel des Konzerts „Mahler (re)zitiert ie”, denn der Spätromantiker verwendet in seiner 1. Symphonie zahlreiche Anspielungen und Zitate aus Kunst, Literatur und Musik seiner Zeit. Die wichtigsten davon wurden von Roosz pädagogisch geschickt aufbereitet, indem er immer wieder interaktive Teile für die Schüler einbrachte und sich zusätzlich digitaler Medien bediente. Der eigentliche Hauptteil des ersten Satzes verarbeitet das im 19. Jahrhundert durchaus populäre Lied „Ging heut´ morgen über´s Feld“. Opernsänger Mats Roolvink trug dieses vor, bevor die Nürnberger Staatsphilharmonie Mahlers Variante zu Gehör brachte. Danach plötzlich bekannter Dancefloor-Sound?!? Philipp Roosz nutze diesen Einspieler geschickt, um auf den Ländler – „Dancefloor des 19. Jahrhunderts“! – hinzuweisen, mit dem Mahler seinen 2. Satz „Kräftig bewegt, doch nicht zu schnell“ gestaltet. Vor dem 3. Satz „Feierlich und angemessen, ohne zu schleppen“ sang der Theaterpädagoge „Bruder Jakob“ vor und aktivierte anschließend auch die Schüler. Dieser allen bekannte Kanon bildet als Moll-Variante das Hauptmotiv des ironisch-grotesken Trauermarsches, zu dem G. Mahler durch Moritz von Schwinds Gemälde „Wie die Tiere den Jäger begraben“ inspiriert wurde. Schluss und Höhepunkt ist die Apotheose im 4. Satz „Stürmisch bewegt“, in der sich die spätromantische Orchesterbesetzung voll entfalten kann, in einem Choralthema versuchen die Blechbläser den Rest des Orchesters zu übertönen. Nach diesem eindrucksvollen Abschluss verließen wir das Opernhaus, um uns zurück zum Hauptbahnhof zu begeben. Beim Besteigen des Zuges galt die Devise „Wer zuerst kommt, mahl(er)t 😉 - zuerst“: Da der Zug hier startete und wir sofort an Bord gingen, sorgten wir bis Amberg für Vollbelegung und waren pünktlich zum Schulschluss wieder zu Hause. Ein herzliches Dankeschön an die Nürnberger Philharmoniker für die gewohnt souveräne musikalische Umsetzung der 1. Symphonie von Gustav Mahler und Philipp Roosz für die Rezitation - „Mahler (re)zitiert“!

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